Wie übersetzt man umgangssprachliche Redewendungen authentisch?
Redewendungen machen Sprache lebendig
Umgangssprachliche Redewendungen sind das Salz in der Suppe jeder Sprache. Sie bringen Sprachwitz, Emotion und Ausdruckskraft in Texte – und sind deshalb gerade in der Übersetzung eine echte Herausforderung. Denn falsch oder wörtlich übersetzt, wirken sie schnell ungewollt komisch, unverständlich oder schlicht falsch. Wer hier überzeugen will, braucht mehr als Sprachkenntnisse: gefragt sind Sprachgefühl, kulturelles Wissen und eine clevere Übersetzungsstrategie.
Falsch übersetzt: Peinlich oder unverständlich
Ein Beispiel: Aus dem Englischen „It’s raining cats and dogs“ wird nicht „Es regnet Katzen und Hunde“, sondern im Deutschen: „Es schüttet wie aus Eimern“. Die Kunst besteht darin, nicht Wort für Wort zu übertragen, sondern die Bedeutung zu erfassen und eine kulturelle Entsprechung zu finden – damit der Text authentisch klingt, natürliche Sprache verwendet und im Zielsprachenniveau bleibt.
Was Idiome und umgangssprachliche Ausdrücke so schwierig macht
Idiomatische Ausdrücke haben eine feste Form und Bedeutung, die sich nicht aus den Einzelwörtern ergibt. Hinzu kommt:
- Sie sind stark kontextabhängig
- Sie variieren je nach Zielpublikum und Stilregister
- Ihr Gebrauch hängt von Region, Alter, sozialem Umfeld ab
- Viele enthalten bildhafte Sprache oder kulturelle Anspielungen
Diese Faktoren machen es oft unmöglich, eine 1:1-Entsprechung zu finden. Stattdessen braucht es eine sinngemäße Übersetzung, die den Kern trifft – ohne sprachlich aus dem Rahmen zu fallen.
Wörtlich oder sinngemäß? Beispiele aus dem Alltag
Hier einige typische Redewendungen – und was passiert, wenn man sie zu wörtlich übersetzt:
- „To spill the beans“
Wörtlich: „Die Bohnen verschütten“
Authentisch: „Ein Geheimnis ausplaudern“ - „Das ist nicht mein Bier“
Wörtlich ins Englische: „That’s not my beer“
Treffender: „That’s not my problem“ oder „Not my cup of tea“ - „Die Kuh vom Eis holen“
Wörtlich: „To get the cow off the ice“
Besser: „To get out of a tricky situation“
Diese Beispiele zeigen, wie wichtig es ist, Redewendungen zu übertragen, statt sie nur zu übersetzen – immer abhängig vom Kontext, von der Zielgruppe und vom Ton des Textes.

Strategien für authentische Übertragungen
Um umgangssprachliche Redewendungen authentisch zu übersetzen, helfen folgende Ansätze:
- Zuerst Bedeutung klären, dann nach einer passenden gängigen Formulierung im Zieltext suchen
- Zielsprachliche Idiomatik aktiv beherrschen (Lesen, Hören, Mitdenken)
- Kontext beachten: Wo steht die Redewendung im Text? Wer spricht wie?
- Falls keine passende Entsprechung vorhanden: sinngemäß und kreativ umformulieren
- Alternativ bildhafte Sprache im Zieltext nutzen, um die Emotion zu erhalten
Gute Übersetzer*innen setzen auf eine situationsgerechte Übersetzung, die im Ton und Stil des Originals bleibt – ohne zwanghafte Treue zu jedem Bild.
Rolle von Zielgruppenverständnis und kulturellem Wissen
Eine jugendliche Alltagssprache braucht andere Übersetzungsstrategien als ein Werbetext für Führungskräfte. Wer übersetzt, muss wissen, wer liest – und in welchem Kontext. Auch Humor im Text funktioniert nur, wenn der kulturelle Hintergrund stimmt. Nur wer sich in beiden Kulturen sicher bewegt, kann Redewendungen stilgerecht, verständlich und authentisch übersetzen.
Stil vs. Verständlichkeit: Wo ist die Grenze?
Manche Redewendungen lassen sich nicht sinnvoll übertragen, ohne den Leser zu verwirren. Dann gilt: Verständlichkeit vor Stilgefühl. Eine elegante Umformulierung ist oft besser als eine misslungene Nachbildung. Dennoch sollte man, wo möglich, den Ton, das Stilgefühl und die Idiomatik des Originals bewahren – damit der Text lebt und nicht nur korrekt ist.
Fazit: Gute Übersetzungen „klingen“ richtig, nicht nur korrekt
Umgangssprachliche Redewendungen authentisch zu übersetzen, ist Feinarbeit – zwischen Kreativität, Klarheit und Kulturverständnis. Es geht darum, Inhalte lebendig, glaubwürdig und situationsgerecht zu übertragen. Der Schlüssel liegt im Sprachgefühl, in der Kenntnis beider Kulturen – und im Mut, auch mal umzudenken.
Denn: Eine gute Übersetzung muss nicht wortgleich sein – sie muss im Zieltext so wirken wie im Original. Nur dann ist sie wirklich gelungen.